Neues aus unserer Privatpraxis
DISKURS-Interview: Ein chemisches Peeling in professioneller Hand ist sehr gut steuerbar
DISKURS Dermatologie interviewt Dr. med. Heidi Dötterer-Rieg (3/8, 2023, Frankfurt/Main)
Dr. med. Heidi Dötterer-Rieg leitet als Fachärztin für Dermatologie und Allergologie die eigene Privatpraxis für Dermatologie und ästhetische Medizin mit angeschlossenem medizinisch-kosmetischem Institut in Frankfurt am Main. Wir sprachen mit der Expertin über ihre Erfahrungen mit chemischen Peelings bei verschiedenen Indikationen.
DISKURS Dermatologie: Frau Dr. Dötterer-Rieg, können Sie zum Einstieg kurz erläutern, welche Formen des chemischen Peelings es gibt?
Dr. Dötterer-Rieg: Gerne! Bei den chemischen Peelings unterscheiden wir je nach der Eindringtiefe in die Haut oberflächliche, mitteltiefe und tiefe chemische Peelings, wobei die dabei angewandten Konzentrationen, Einwirkzeiten bzw. die Kombinationen verschiedener Peelings zusätzliche Therapieoptionen bieten. Bei den oberflächlichen chemischen Peelings, die in der Epidermis wirken, werden Glykolsäuren (Alpha-Hydroxy-Säuren bekannt als Fruchtsäuren aus dem Zuckerrohrsaft), Mandel-, Salicyl-, Milch- und Zitronensäuren verwendet. Als mitteltiefe Peelings kommen Retinol und TCA (Trichloressigsäure) zum Einsatz. Hier kann die Eindringtiefe je nach Konzentration und Einwirkzeit bis zur papillären Dermis erfolgen. Beim tiefen Peeling, dem Phenolpeeling, kann die Eindringtiefe bis zur retikulären Dermis erfolgen. Hierbei muss eine Analgesie erfolgen. Die mittleren und tiefen Peelingverfahren sollten von einem erfahrenen Arzt (i.d.R. Dermatologen) durchgeführt werden, während oberflächliche Peelings auch bei gut geschulten Kosmetikerinnen unter der Leitung eines Dermatologen stattfinden können.
DISKURS Dermatologie: Durch das Abschälen der äußeren Hautschichten wird ja eine beschleunigte und kontrollierte Hautregeneration begünstigt. Wie sind Ihre Erfahrungen bei unterschiedlichen Beschwerdebildern wie Akne, Narben, Pigmentstörungen, Sonnenschäden sowie im Anti-Aging?
Dr. Dötterer-Rieg: Durchgehend sehr gut. Ein chemisches Peeling ist in professioneller Hand sehr gut steuerbar und auf den jeweiligen Hauttyp, das zu verbessernde Hautbild und die Jahreszeit perfekt abstimmbar. Wir setzen je nach Beschwerdebild und Hautbeschaffenheit neben den Glykolsäurepeelings oft Kombinationspeelings ein, bei denen mehrere chemische Peelingverfahren kombiniert werden. Zum Beispiel werden bei starker entzündlicher Akne mit Narben das Acnelan Peeling (Bexaretylkomplex, Retinoid, Salicylsäure) verwendet und bei Chloasma kommt Dermamelan (Kojisäure, Phytatsäure, Vitamin C, Retinol als auch Brightening Peelings mit Mandelsäure und Citric Acid zum Einsatz. Beim Anti-Aging haben das TCA-Peeling, das Retinolpeeling, das Phenolpeeling sowie das Jessnerpeeling einen hohen Stellenwert.
DISKURS Dermatologie: Wie lange dauert der Regenerationsprozess, je nach Eindringtiefe?
Dr. Dötterer-Rieg: Bei den oberflächlichen Peelings, auch Lunchtime-Peelings genannt, sieht die Haut nach der Behandlung rosig aus und zeigt selten minimale Schuppung und Rötung. Bei den mitteltiefen Peelings kann bis zu 1 Woche Rötung, Schuppung, Krustenbildung und Schwellung sichtbar sein. Bei den tiefen Peelings können diese Symptome bis zu 4 Wochen andauern. Es ist wichtig, nach diesen Behandlungen die Haut mit einem Lichtschutzfaktor 50+ zu schützen und die Haut mit auf das jeweilige Peeling abgestimmten Feuchtigkeitscremes zu pflegen. Diese Nachsorge ist unerlässlich, unterstützt die Wirkung des Peelings und verhindert Nebenwirkungen wie Wundheilungsstörungen, Infektionen, postinflammatorische Hyperpigmentierungen und Narbenbildungen.
DISKURS Dermatologie: Es gibt ja diverse Peelingprodukte auf dem Markt. Welches Peeling verwenden Sie am meisten und warum bzw. wofür?
Dr. Dötterer-Rieg: Wir verwenden in unserem Institut sehr gerne das umfangreiche Spektrum der Mesopeel-Produkte, z.B. das Salicylsäure-Peeling und das Acnelan für die Akne-Behandlung, die Dermamelanbehandlung bei Chloasma und zurzeit auch oft das „Sommer“-Fruchtsäurepeeling, das modifizierte Jessnerpeel. Dieses wirkt oberflächlich in der Epidermis und wird als Glow/Ausstrahlungs-Peeling bzw. zur leichten Reinigung in warmen Monaten eingesetzt. Öfters verwenden wir auch Mandelsäure bei großporig öliger Haut und Milchsäure bei sehr empfindlicher und junger Haut.
DISKURS Dermatologie: Welche grundlegenden Vorteile bietet ein chemisches Peeling?
Dr. Dötterer-Rieg: Ein großer Vorteil der chemischen Peelings ist, dass Sie in professionellen Händen sehr sichere, wirksame, vielseitige und personalisierte Ergebnisse erzielen können. Nach mehreren Sitzungen kann ohne größere Downtime (Ausfallzeit) und ohne großen Zeitaufwand eine komplette Veränderung der Hautstruktur erreicht werden. Oft kann auch eine Kur-Therapie mit chemischen Peelings intensive Tabletteneinnahmen wie Isotretinoin ersetzen oder unterstützen.
DISKURS Dermatologie: Können Sie uns kurz den Ablauf einer Behandlung beschreiben?
Dr. Dötterer-Rieg: Nach einer 14-tägigen Vorbereitungszeit mit einem speziellen säurehaltigen Heimprodukt ist die Haut optimal präpariert für ein erstes sanftes Fruchtsäurepeeling. Die medizinische Kosmetikerin reinigt die Haut und tonisiert diese, damit überall der gleiche pH-Wert auf der Haut herrscht. Nun wird eine dünne Schicht der passenden Peeling-Solution aufgetragen. Nach ein paar Minuten wird das Fruchtsäurepeeling mit einem basenhaltigen Spray neutralisiert. Etwaige Unreinheiten werden sanft entfernt und eine kühlende, feuchtigkeitsspendende Maske bildet den Abschluss. Der Patient geht mit einem rosigen Hautbild und mit einem schützenden Lichtschutzfaktor auf der Haut nach Hause.
DISKURS Dermatologie: Ist die Behandlung für die Patient*innen schmerzhaft?
Dr. Dötterer-Rieg: Wenn der Patient seine Haut mit geeigneten Heimpflege-Präparaten auf Säurebasis vorbereitet hat, ist die Haut schon darauf „trainiert“, einen sanften Einstieg in die Fruchtsäure-Therapie ohne unangenehmes Brennen zu tolerieren. Nur ein leichtes Kribbeln ist in der Einwirkphase zu spüren. Ein niedrig eingestellter Ventilator oder ein Fächer, der leicht dazu bewegt wird, bietet frische Zuluft.
DISKURS Dermatologie: Wie oft und in welchem Abstand sollte ein chemisches Peeling angewendet bzw. wiederholt werden?
Dr. Dötterer-Rieg: Bei einer akuten Akne kann je nach Hautbeschaffenheit alle 14 Tage ein chemisches Peeling zur Reduktion von Talg, Schuppen und entzündungsbedingten Bakterien durchgeführt werden – vorausgesetzt, dass keine bakterielle Superinfektion oder massive Inflammation vorliegt. Ansonsten wird im 4-wöchigen Zyklus das Procedere entsprechend des Zellregenerationsprozesses wiederholt, nicht öfter, da sonst in die noch nicht abgeschlossene Neubildung eingegriffen wird.
DISKURS Dermatologie: Gibt es Kontraindikationen oder mögliche Komplikationen?
Dr. Dötterer-Rieg: Offene Wunden, akute Ekzeme oder eine aktive Herpesinfektion stellen ebenso wie eine Schwangerschaft bzw. Stillzeit (je nach Peeling) eine Kontraindikation dar. Es sollte immer ca. 2-3 Wochen vor und nach einem Skiurlaub pausiert werden. Ebenso muss ein zeitlicher Abstand zu Botox- und Hyaluronsäureinjektionen eingehalten werden. Lasereingriffe sollten frühestens 4 Wochen nach einer Fruchtsäuretherapie stattfinden. Es droht bei Nichteinhaltung immer die Gefahr von postinflamatorischer Hyperpigmentierung, Narbenbildung und Infektion.
DISKURS Dermatologie: Wie lange hält der Peeling-Effekt an und wie wichtig ist eine Nachbehandlung seitens der Patient*innen zu Hause?
Dr. Dötterer-Rieg: Je nach Peelingverfahren kann nach mehreren Sitzungen eine Hautstrukturveränderung erzielt werden, die dann zur Erhaltung manchmal in größeren zeitlichen Abständen wiederholt werden muss. Eine auf die Behandlung abgestimmte Heimpflege ist sehr wichtig zum Erhalt des Erfolges.
DISKURS Dermatologie: Kann die Kombination eines Peelings mit weiteren Behandlungen je nach Indikation noch effektivere Ergebnisse zeigen?
Dr. Dötterer-Rieg: Wir erstellen generell nach vorausgegangener professioneller Hautstrukturanalyse einen personalisierten Behandlungsplan, in dem mehrere Verfahren in einem idealen zeitlichen Abstand kombiniert werden. Wir können Peelings als Behandlungsverstärker bei einem Mikroneedling oder einer Mikrodermabrasion einsetzen oder als Vorbereitung auf intensivere Behandlungen wie z.B. Laser- oder Radiofrequenztherapien. In eine ganzheitliche Behandlung eingebunden, dient das Fruchtsäurepeeling als Hilfe, um noch mehr Intensität in die jeweilige Behandlung zu bringen. Als Vorbereitungsmaßnahme dienen 2-4 chemische Peelings als so genannte „Türöffner“, um Schüppchen und Entzündungen zu entfernen und die Hautbarriere zu stärken.
DISKURS Dermatologie: Letzte Frage: Welches war für Sie ihr bislang bestes Ergebnis, das Sie mit einem Peeling erreicht haben?
Dr. Dötterer-Rieg: Das kann ich unmöglich auf ein einzelnes Ergebnis eingrenzen! Sehr gute Ergebnisse konnten wir z.B. bei bislang therapierefraktären Akneerkrankungen mit ausgeprägten Narbenbildungen, bei ausgeprägten Entzündungen als auch bei Rosacea-Patienten erzielen. Bei Patienten mit Chloasma oder Melasma bedarf es viel Erfahrung und Auswahl des richtigen Peelingverfahrens und einer abgestimmten Heimpflege, aber auch hier konnten wir bei vielen Patienten beeindruckende Ergebnisse erzielen.
DISKURS Dermatologie: Sehr geehrte Frau Dr. Dötterer-Rieg, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte S. Höppner.